NEUER FRÜHLING 2021
CHRISTEL MEWES EMPFIEHLT
Frühlingsglaube
Es wandert eine schöne Sage
wie Veilchenduft auf Erden um
wie sehnend eine Liebesklage,
geht sie bei Tag und Nacht herum.
Das ist das Lied vom Völkerfrieden
und von der Menschheit letztem Glück,
von goldner Zeit, die einst hienieden,
der Traum als Wahrheit, kehrt zurück.
Wo einig alle Völker beten
zum einen König, Gott und Hirt;
von jenem Tag, wo den Propheten
ihr leuchtend Recht gesprochen wird.
Dann wird's nur eine Schmach noch geben
nur eine Sünde in der Welt:
Des Eigen-Neides Widerstreben,
der es für Traum und Wahrheit hält.
Wer jene Hoffnung gab verloren
und böslich sie verloren gab,
der wäre besser ungeboren:
denn lebend wohnt er schon im Grab.
Das ist das Lied von Völkerfrieden
und von der Menschheit letztem Glück.
Dieses Gedicht von Gottfried Keller hat mit dem Frühlingserwachen in der Natur eigentlich gar nichts zu tun. Aber dass durch den Titel der Bezug zum Frühling hergestellt wird, ist sehr gekonnt. Wer verspürt im Frühling nicht ein Sehnen nach Erneuerung, nach Neubeginn. Der Wunsch, langgehegte Träume und Hoffnungen mögen sich erfüllen, ist doch dann besonders stark.
Schon seit meiner Jugendzeit begleitet mich dieses Gedicht, auf das ich durch Zufall gestoßen bin. Es hat mich sehr angerührt. Immer wieder habe ich es gelesen und mich von diesem Traum einfangen lassen, immer (noch) hoffe ich auf ein friedvolles Miteinander in dieser Welt.